Kreiswaldbauverein Neuwied auf großer „Lehrfahrt“ 2024
„Aus Wald wird Holz aus Holz wird Kultur“
Bestes Spätsommerwetter begleitete Mitglieder und Freunde des KWBV zur großen Lehrfahrt am 19. September 2024. Nach einem ausgiebigen Frühstück im „Eisbachs-Garten“ in Ransbach-Baum-bach ging es zu einer Exkursion in den Staatswald von Altendiez (ca. 700 ha) und hier genau in die „Fremdländer-Abteilung“ (ca. 4 ha). Bereits Mitte des 18. Jahrhunderts fing man in Deutschland an, eingeführte, fremdartige Baumarten forstlich anzubauen. In Altendiez beschäftigte man sich erst-mals Ende des 19. Jahrhunderts mit dem sog. Fremdländer-Anbau und man stand in dieser Zeit im engen Austausch mit der Preußischen Forschungsanstalt Eberswalde. Der ehemalige Förster des Staatswaldes Günter Lenz begrüßte die Mannschaft und führte durchs Revier. Im einzelnen wurden Riesenmammut- und Tulpenbäume sowie Hemlock- und Nobilistannen, Gelbkiefer (Pinus ponde-rosa) sowie Thujabäume besichtigt. Der aktuelle Bestand ist etwa 50-60 Jahre alt; es wurden auch Weißtannen angepflanzt und den Tulpenbäumen Winterlinde beigemischt. Fazit dieser Wald-begehung: Alternative Baumarten sind dort unverzichtbar, wo sich die Standorts- und klimatischen
Verhältnisse aus dem Ökogrammen heimischer Baumarten hinaus verschieben und Waldbau folglich nur mit alternativen klimatoleranten Arten möglich ist. Sie sind aber auch dort zulässig und sogar erforderlich, wo heimische Baumarten noch nicht komplett versagen, um z.B. die Rohstoff-Funktion zu gewährleisten.
Danach ging es dann weiter nach Wettenberg (Gießener Land) in das Holz- und Technikmuseum. Hierzu ist vorab folgendes zu sagen: Eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Hessens ist der zur Gemeinde Wettenberg gehörende Forst. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts war dieser ein reines Laubwaldgebiet; ab dem Jahre 1850 hielt auch die Fichte als Bauholz ihren Einzug. Schon 1825 wurde die Hessische Forstlehranstalt in Gießen mit gleichzeitiger Anlage des Akademischen Forstgartens am Fuße des Schiffenbergs mit rd. 7 ha Fläche gegründet. Die Erfüllung der Holz-produktions- und Einkommensfunktion hatte und hat im Gemeindewald Wettenberg einen hohen Stellenwert. Die holzverarbeitenden Betriebe waren ein starker Wirtschaftsfaktor in der Region: Sägewerke, Zimmereien, Köhlereien. Aus dem Sägewerk „Winter“, welches bis 1999 im Familien-besitz war, wurde dann das Museum gegründet.
Aufgabe des Museums soll es sein, dem Besucher das Naturprodukt Holz näher zu bringen, sodass die frühere und jetzige Bedeutung dieses Universalmaterials erkannt werden kann. Weiterhin wird die geschichtliche Entwicklung der Forstwirtschaft im Hinblick auf die Holzverwendung und den Einsatz von Personal und Arbeitsgeräten dargestellt. Das zentral in der alten Zimmereihalle angeordnete Sägegatter (Jg. 1949) bildet ein Kernstück des Museums. In einem gesonderten Raum steht die historische Dampfmaschine aus dem Jahr 1937. Sie lieferte in früheren Jahren die für den Betrieb des Sägewerks benötigte Energie in Form von elektrischem Strom und Wärme. Die Herstellung von Gebrauchsgegenständen wie z.B. Möbelstücke wird in einer zusätzlich vorhan-denen Schreinerei gezeigt, die in ihrer Einrichtung etwa dem Jahr 1950 entspricht. Somit kann dem Besucher der komplette Weg vom Samenkorn eines Baumes bis zum fertigen Gebrauchsgegenstand aus Holz gezeigt werden. Das Entstehen von Kultur ist in den meisten Bereichen der Erde nur durch Holz möglich gewesen.
Abgerundet wird das „Angebot“ durch die Abteilung „Energie“; hier wird die Verwendung von Holz als Brennstoff erläutert; u. a. wird der Begriff „Energie“ möglichst plastisch dargestellt. Es werden Beispiele zu den verschiedenen Formen der Energie wie Wärme, mechanische und elektrische Energie gezeigt. Ein weiteres Modell ist das „Labometer“ (der Arbeitsmesser). Ebenfalls vorhanden ist der Bereich „fossile Brennstoffe“ (Kohle, Erdöl und Erdgas). Ausgangspunkt ist die Sonnenenergie und die Fähigkeit der Pflanzen, diese bei der Photosynthese einzusetzen, um Kohlen-dioxyd in andere Kohlenstoffverbindungen umzuwandeln. Weiterhin der „Jahreszeiten-baum“ mit der Erklärung, wie ein Baum seine Biomasse aus Sonnenenergie, Kohlendioxyd und Wasser produziert und der Abteilung „erneuerbare Energieträger“ (u. a. Holzheizung und Blockheizkraftwerk sowie Generator, Wärmetauscher zur Wärmerückgewinnung und weiteres). Insgesamt wurde besonders deutlich und anschaulich dargestellt, wie der Wald CO/2 in Holz und Sauerstoff verwandelt und die Holznutzung ein hochwirksamer Klimaschutz ist. Zum Außen-gelände des Museums gehören weitere Einrichtungen sowie ein Waldlehrpfad und umfangreiche Spiel- und Klettermöglichkeiten. Soweit ersichtlich waren alle Teilnehmer von dem Informations-angebot beeindruckt und dankten den Exkursionsleitern Dieter Mülich und Prof. Eberhard Seidel für die fachkundigen Auskünfte und Erklärungen.
Nach so einer Informationsfülle und vor der Heimfahrt wurde zum Abschluss der Reise in den
„Badenburger Ritterkeller“ direkt an der Lahn eingekehrt. Die Burg besteht seit dem 14. Jahr-hundert und wird seit 1760 als „Wirtshaus“ genutzt; im Jahre 1975 wurden die Burg und das Wirtshaus renoviert. Alle waren sich einig, das war eine gelungene Lehrfahrt; letztlich der Dank an die Organisatoren Uwe Werner und Dieter Steinebach.
A. Fuchs